Die Deutsch-Bulgarische Industrie- und Handelskammer (DBIHK) führt seit 2005 jährlich eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durch, die das Geschäftsumfeld in Bulgarien analysiert. Die Umfrage liefert wichtige Daten zu den Herausforderungen und Problemen, mit denen die Unternehmen im Land konfrontiert sind, und zeigt gleichzeitig die Vorteile Bulgariens als attraktiver Investitionsstandort.
Im Jahr 2024 nahmen 81 Vertreter der DBIHK-Mitgliedsunternehmen an der Umfrage teil, die zwischen dem 19. Februar und dem 15. März 2024 in 16 mittel- und osteuropäischen Ländern durchgeführt wurde. 75 % von den Beteiligten sind kleine und mittlere Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten und 25 % sind Großunternehmen.
Die Mitglieder der Kammer sind hauptsächlich bulgarische Unternehmen, die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland unterhalten, sowie deutsche Investoren in Bulgarien. Auf die Frage „Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Wirtschaftslage in Bulgarien?“ antworteten 22% der Befragten, dass sie gut sei und 52% bezeichneten sie als beriedigend. Was die Erwartungen für die Entwicklung der bulgarischen Wirtschaft im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr betrifft, so gaben 24% der Befragten an, dass sie sich verbessern wird, und 48% erwarten keine Veränderung.
30 % der Umfrageteilnehmer schätzen die derzeitige Situation in ihrer Branche als gut ein, im Vergleich zu 37 % im letzten Jahr, und 45 % glauben, dass sie unverändert bleibt. Die Zahl der Befragten, die von einer Verschlechterung der Lage in ihrer Branche ausgehen, hat sich mit 34 % fast verdoppelt, gegenüber 18 % im Jahr 2023.
Bei den Prognosen zur Exportentwicklung ist eine gewisse Dynamik zu beobachten. Nur 19 % der Befragten glauben, dass sie sich verbessern wird, verglichen mit 38 % im Jahr 2023, und sogar 20 % der Befragten sind der Meinung, dass sie sich verschlechtern wird, verglichen mit 9 % zum letzten Jahr.
Auf die traditionelle Frage „Wie werden sich Ihre Investitionsausgaben in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr entwickeln?“ antworteten 43 % der Befragten, dass sie steigen werden (gegenüber 48 % im letzten Jahr), und 36 %, dass sie gleichbleiben werden. 89 % aller Befragten würden Bulgarien wieder für ihre Investitionen wählen.
Vorteilen Bulgariens als Businessstandort:
- EU-Mitgliedschaft des Landes, 77 % der Befragten sind damit sehr zufrieden oder zufrieden;
- Arbeitskosten, mit denen 38 % der Unternehmen zufrieden oder sehr zufrieden sind;
- Steuerbelastung (56% der Befragten sind zufrieden und sehr zufrieden) und Steuersystem (41% sind zufrieden und sehr zufrieden, 42% sind durchschnittlich zufrieden) gehören zu den Faktoren, die deutsche Unternehmen in Bulgarien ebenfalls als positiv bewerten;
- 84 % der Befragten sind sehr zufrieden und zufrieden mit der Qualität und Verfügbarkeit des mobilen Internets, und 79 % sind sehr zufrieden und zufrieden mit dem Hochgeschwindigkeitsinternet.
Unternehmensvertreter sehen sich mit einigen Herausforderungen konfrontiert, von denen folgende besonders hervorzuheben sind:
- Politische und soziale Stabilität
- Verfügbarkeit von Fachkräften
- Hochschulsystem und Berufsbildungssystem
- Bekämpfung von Korruption und Kriminalität
Im Hinblick auf die Entwicklung der bulgarischen Wirtschaft gehört die Bereitstellung von Fachkräften für die Wirtschaft zu den dringendsten Maßnahmen. Sowohl der Staat als auch die Unternehmen sollen schnelle Entscheidungen treffen, um Bulgarien als attraktiven Wirtschaftsstandort für die Zukunft zu positionieren.
Mit der Verfügbarkeit von Fachkräften sind 55% der Unternehmen eher unzufrieden und sehr unzufrieden. Dieses Thema steht in direktem Zusammenhang mit der Qualität des Hochschulsystems (45% sind eher unzufrieden und sehr unzufrieden) und des Berufsbildungssystems (40% sind eher unzufrieden und sehr unzufrieden).
Laut der Umfrage nennen 63 % der Befragten den Anstieg der Arbeitskosten als Hauptauswirkung des Fachkräftemangels, und 39 % glauben, dass dies zu einer Verringerung der geplanten Investitionen führen wird. Die Ergebnisse zeigen auch, welche Maßnahmen die Unternehmen dagegen ergreifen. 62 % setzen auf eine zunehmende Digitalisierung, 56 % der Unternehmen wollen die innenbetriebliche Weiterbildung ausbauen, 45 % planen eine über dem Marktdurchschnitt liegende Gehaltserhöhung.
Die Unternehmen sind nach wie vor am unzufriedensten mit der Bekämpfung von Korruption und Kriminalität. Nach den Angaben 75 % der Befragten sind mit den Bemühungen in diesem Bereich eher unzufrieden oder sehr unzufrieden und glauben, dass viel mehr Anstrengung erforderlich ist. Im Vergleich zu 2023, als dieser Prozentsatz 84 % betrug, ist ein Abwärtstrend festzustellen.
Das Ergebnis von 60 % eher unzufrieden und sehr unzufrieden in Bezug auf die politische und soziale Stabilität ist Ausdruck des Wunsches der Unternehmen nach mehr Berechenbarkeit.
Die Bewertung der Faktoren „Rechtssicherheit“ und „Transparenz der öffentlichen Vergabe“ zeigt den Bedarf an Veränderungen und Reformen, mit denen jeweils 42 % und 56 % der Befragten eher unzufrieden bzw. sehr unzufrieden sind.
Neben der Zufriedenheit der Unternehmen mit der EU-Mitgliedschaft Bulgariens gibt es eine anhaltend positive Einstellung zur Einführung der europäischen Einheitswährung: 80 % der Befragten wünschen die Einführung des Euro, im Jahr 2023 werden es 81 %. Auf die Frage, ob sie den vollständigen Beitritt Bulgariens zum Schengen-Raum wünschen, antworteten 94 % der Befragten mit „Ja“.
Das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung bleibt im Vergleich zu 2023 fast unverändert, nur 13 % der Befragten sind damit zufrieden. Was die Vorhersehbarkeit der Wirtschaftspolitik betrifft, so sind 7 % der Befragten zufrieden und 49 % sind durchschnittlich zufrieden.
Deutschland bleibt Bulgariens wichtigster Handelspartner und ein Schlüsselmarkt für bulgarische Produkte und Dienstleistungen. Nach Angaben des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz hat der Handel zwischen Bulgarien und Deutschland im Jahr 2023 einen Wert von 11,8 Milliarden Euro erreicht. In diesem Zeitraum hat Bulgarien Waren im Wert von 5,96 Milliarden Euro nach Deutschland exportiert. Umgekehrt importiert Bulgarien aus Deutschland Waren im Wert von 5,86 Milliarden Euro.
Aus Sicht der Entwicklung der bulgarischen Wirtschaft sind vor allem Massnahmen einzuleiten, die mit der Verfügbarkeit von Fachkräften und der digitalenTransformation zur Anpassung des Bildungssektors an die Bedürfnisse der Wirtschaft verbunden sind. In diesen Bereichen sind schnelle Entscheidungen sowohl seitens des Staates als auch der Unternehmen erforderlich, damit sich Bulgarien auch in Zukunft als attraktiver Wirtschaftsstandort positionieren und entwickeln kann.